Motorradtour in den Alpen - Erfahrungen und Tipps zur Durchführung

Hallo Steemians!

Vor kurzem war ich mit dem Motorrad eine Woche in den Alpen.
Da es den einen oder anderen vielleicht auch in den Fingern juckt, möchte ich Euch meine Erfahrungen mitteilen und Euch den einen oder anderen Tipp geben.

Werbeblock :-)
Wer sich für sehr große Motorradtouren interessiert, dem kann ich den Film Egal was kommt empfehlen, der seit einigen Wochen läuft und in dem Christian Vogel von seiner Weltumrundung erzählt.
Und ihr könnt ihn zurzeit auch immer wieder live in den Kinos sehen und Euch nach dem Film mit ihm unterhalten.
Aber auch Leute, die keine Weltumrundung mit dem Motorrad, aber mehr als eine Tagestour planen, dürften den einen oder anderen wertvollen Impuls erhalten - ich bekam ihn.
Ich kenne Christian Vogel nur aus dem Film und ich bekomme auch nichts dafür, hier für ihn Werbung zu machen. Ich war selbst im Film und konnte mit ihm sprechen und empfehle den Film, weil ich ihn wirklich gut fand.
Ende des Werbeblocks :-)

So, und nun zu meinen Erfahrungen bzw. Tipps:

Rechtliches:

• In Österreich ist das Mitführen eines Verbandskasten, in Frankreich (und einigen anderen Ländern) ist das Mitführen einer Warnweste vorgeschrieben.
• In Italien wird das Mitführen der "grünen Versicherungskarte" empfohlen. Außerdem muss der Helm der Norm ECE 22 entsprechen, sonst kann das Motorrad für 60 Tage beschlagnahmt werden.
• Die Helm-Norm kann auch in Luxemburg geprüft werden.

Übernachtung

• Achte darauf, dass Dein Smartphone bei der Ankunft am Hotel unbedingt noch über eine geringe Restkapazität für das eine oder andere Telefonat und/oder die eine oder andere Minuten Licht verfügen soll.
  Manche Hotels bieten auch an Tagen Zimmer an, an denen die dazugehörige Gaststätte geschlossen hat und die Rezeption nicht besetzt ist. Bei rechtzeitiger Buchung sind die Schlüssel in der Regel hinterlegt, bei kurzfristiger Buchung ist es jedoch unbedingt nötig, sich telefonisch melden zu können, damit jemand kommt und Dir Einlass gewährt.

• Beachte, ob die angegebenen Zeiten für eine bestimmte Strecke per Autobahn oder Landstraße gelten.
  Gehe davon aus, dass so mancher Biker mit Rennzeiten glänzen möchte, die eher unter Renn- als StVO-Bedingungen erreichbar sein dürften. (Aus "deutlich unter 5 Stunden" wurden bei Google Maps gut 8).

• Bei manchen Orten (z. B. in Algund bei Meran) gibt es bei der Tourist Info (erkennbar am weißen "i") abends eine Übersicht der Unterkünfte und auch eine Anzeige, welche Hotels noch frei sind.

• Bei hrs und booking könnt Ihr auch noch abends buchen.
  Bei AirBnB dürfte das nicht so einfach sein, zumindest habe ich mich das nicht getraut (wer da Erfahrung hat, darf seine Erfahrungen gerne als Kommentar hinterlassen!).
  Es empfiehlt sich aber auch, einfach "Übernachtung " in die Suchmaschine seines Vertrauens einzugeben, um ggf. andere Plattformen zu erhalten.

• Achte auf die Check-In-Zeiten Deiner Unterkunft. Bei einem Hotel musste ich um 21 Uhr eingecheckt haben und um 21:20 Uhr war dann auch wirklich niemand mehr da. (Ich glaube, ich war der einzige Gast und damit ab 21:20 Uhr der einzige Mensch im gesamten Hotelgebäude. Die Betreiber wohnten in einem anderen Haus im Ort. Die nächste Unterkunft wäre mind. 30 Minuten entfernt gewesen!)

• Solltest Du damit rechnen, deutlich nach 20 Uhr das Hotel zu erreichen und die Zeiten der besetzten Rezeption nicht klar ersichtlich sind, dann rufe kurz beim Hotel an und frage nach, bis wann Du ankommen muss bzw. informiere das Hotel, wann Du voraussichtlich ankommen wirst. Bei Zweifeln eher anrufen, ein kurzes Telefonat kostet weniger als 10 km auf dem Motorrad - vom unnötigen Stress ganz zu schweigen. ;-)

• Lass Dir unbedingt die Route zu Deiner Unterkunft ausrechnen und plane etwas mehr Zeit wegen Staus bzw. Umwegen ein.

• Sprich mit anderen Bikern, aber lass Dich nicht ins Bockshorn jagen
  Wenig wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Der angekündigte Stau am Gardasee war (zumindest auf meiner Strecke am Westufer) weder abends gegen 19 Uhr noch morgens gegen 10 Uhr vorhanden.
  Aber nimm Warnungen bezüglich zu langen Fahrzeiten ernst. Wer bisher nur auf flachen Landstraßen unterwegs war, wird sich wundern, wie wenig Strecke auf der Karte er machen wird, wenn Serpentinen kommen. 10 km Luftlinie sind dann deutlich mehr Straßen-km und diese Serpentinen lassen sich auch nicht durchgängig mit 100 km/h durchfahren... ;-)

Ausrüstung

• Eine Regenkombi hilft nicht nur gegen Regen, sondern eignet sich auch gegen den Windchill des Fahrtwinds gut.
• Es bietet sich an, entweder ein Ersatz-Smartphone (mit separater SIM-Karte) oder ein zweites Navi und ein Ersatz-Mobiltelefon mitzuführen. Würde Dein einziges Smartphone, mit dem Du auch die Navigation realisierst, spätabends den Geist aufgeben (Sturz, Defekt, leerer Akku, ...), dann hättest Du weder eine Navigation noch könntest Du beim Hotel anrufen.
• Verlasse Dich nicht darauf, jederzeit Mobilfunknetz- und/oder GPS-Empfang zu haben. Für Offline-Navigation empfehle ich die Android-App "maps.me", bei der man zu Hause die Karten der voraussichtlich benötigten Gebiete bequem herunterladen kann.

Tanken

• Rechnet damit, dass es in Zukunft immer mehr SB-Tankstellen gibt, bei denen Ihr bei Problemen (Kreditkarte wird nicht akzeptiert, keine Barzahlung möglich) niemanden erreichen könnt.
• SB-Tankstellen versuchen, sofort 100 Euro oder mehr auf dem Kartenkonto zu reservieren. Scheitert die Reservierung dieser Summe, weil Eure Kredit z. B. nur noch 80 € Limit hat, dann bekommt Ihr überhaupt kein Benzin!
• ec-/Kreditkarten können gesperrt werden! Deshalb mindestens zwei davon mitnehmen (es gibt genügend kostenlose Kreditkarten).

Fahren

• Wenn Du nachts ein Auto hinter Dir hast, ist es empfehlenswert, dieses überholen zu lassen und sich dann an dieses Auto "zu hängen". Das Licht eines Autos ist - nicht zuletzt durch die zwei Scheinwerfer - wesentlich heller. Und in Kurven leuten die Lichter des Autos vor Dir perfekt die weitere Kurve aus, währen die Scheinwerfer des Motorrads aus der Kurve leuchten. Handelt es sich um ein Fahrzeug mit einheimischem Kennzeichen, dürfte der Fahrer auch den Straßenverlauf und evenuelle Gefahrenstellen kennen. Wenn er/sie vor Euch also langsam tut, solltet Ihr das auch - und nicht zu einem Überholmanöver ansetzen.
• In Norditalien erlebte ich öfters, wie Leute nach dem Motto "wird schon niemand entgegenkommen" gefahren sind. Natürlich nicht alle, aber es genügt ja, von einem abgeräumt zu werden. Ich hatte eine Warnweste an und konnte des öfteren Autofahrer sehen, die völlig überrascht waren und hektisch auswichen. Ob die mich auch in schwarzer Leder- oder Textilkleidung so schnell erkannt hätten? Nicht vergessen: Das Abblendlicht kann auch ausfallen, gerade tagsüber wird man das wohl nicht mitbekommen...

Das vielleicht Wichtigste:
Plant nicht tage-, wochen- oder gar monatelang Eure Route. Überlegt Euch ein paar Punkte/Strecken, die Ihr ansehen wollt, und dann fahrt los! Ich beantragte Urlaub, packte am Montag früh einen Stapel T-Shirts, Unterhosen und Socken, den Kulturbeutel, den Erste-Hilfe-Pack und die Warnweste, PowerBank, Ladegerät und so weiter und dann ging's los. Der Weg ist das Ziel! Ich habe nicht alle Punkte meiner Liste auf meiner Reise geschafft, dafür andere schöne Ecken und Strecken entdeckt. Die "fehlenden" Punkte werde ich (wahrscheinlich) bei einer der nächsten Reisen ansehen.

Gemäß den ersten Sekunden dieses Trailers - the bike is ready:
https://www.facebook.com/132619784102869/videos/183159842382196/

Und damit bleibt mir nur noch, Euch viel Spaß und eine unfallfreie Fahrt zu wünschen!

Zum Abschluss noch ein paar Bilder - viel habe ich während der Reise nicht gemacht, aber das war auch nicht mein Ziel. Ich habe lieber die Gegend "live" genossen.

Wildbach-Tal in Deutschland, nähe Sonthofen

Stilfserjoch, der höchste Gebirgspass in Italien um genau 18 Uhr

Stilfserjoch, diesmal um 19:40 Uhr

Das kleine Bergdorf in Italien, in dem vor 21 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt wurden