RE: IDENTIFIKATION & SELBSTWERT - wie wir unser ICH aktiv neu gestalten - TEIL 3.
Moin Rachel....
....das sind sehr interessante Zeilen von dir. Sie bestätigen meine Theorie, dass jeder Mensch gewisse Lektionen im Laufe seines Lebens lernt, nur eben jeder auf seine Art und Weise und zu seiner Zeit. Ich finde es wunderbar deine Zeilen zu lesen und fest zu stellen dass andere, mir unbekannte Menschen, sich ähnliche Gedanken machen wie ich selbst.
Früher, als ich in der Pubertät war, habe ich mir darin gefallen alles, was meine Eltern mir vorgelebt oder zu vermitteln versucht haben, in Frage zu stellen und meist, schon aus Prinzip, ab zu lehnen. Bildlich gesprochen waren die Grenzen, welche sie mir gesetzt haben, ein Zaun. Alles außerhalb dieses Zauns übte eine magische Anziehungskraft auf mich aus und so sprang ich drüber und rannte bis ich weit und breit keinen Zaun mehr sehen konnte. Ich dachte, keinen Zaun zu sehen müsse befreiend sein, doch das Gegenteil war der Fall, ich fühlte mich verloren. Ich hatte keine Orientierung mehr. Um seinen Standpunkt zu bestimmen braucht man Referenzpunkte, die hatte ich nicht mehr. So verloren wie ich war habe ich mich in Drogen geflüchtet, was natürlich die Situation nicht positiv beeinflusst hat. Irgendwann wurde mir eines klar: Ich bin meines eigenen Glückes Schmied, ich mache mir die Welt wie sie mir gefällt...nur ich bin für mein Wohlergehen und meine Taten verantwortlich und niemand sonst. Es war immer sehr einfach die "Scheidungskind-Opfer-Fahne" hoch zu ziehen und anderen die Schuld an meiner Situation zu geben, aber es hat selbige nicht verbessert, im Gegenteil. Zu jener Zeit, mit etwa 23 Jahren, war ich physisch und psychisch am Ende.
Ich dachte immer: "Glücklich sind die dummen!"
Die dummen sind so dumm, dass sie sich garnicht selbst reflektieren und in Frage stellen können, so wie ich das tue....das war lange Zeit meine Meinung. Ich hatte mich in meiner, von Drogen vernebelten, Realität verloren und gefiel mir darin mich in meinem Selbstmitleid zu suhlen bis mir klar geworden ist, dass die Dummen natürlich nicht glücklicher sind als ich.
Wenn man es nüchtern betrachtet, dann liegt das größte Problem eines jeden Menschen auf dessen geistigem und emotionalen Horizont, wie weit der auch immer sein mag....man kann es also auf den Horizont herunter kürzen quasi. Es mag komisch klingen für außen stehende, aber das war eine Schlüssel Erkenntnis für mich. Alle Menschen sind, tief im Grunde ihrer selbst, ziemlich gleich. Keiner hat das Recht über einen anderen zu urteilen oder gar zu richten. Man muss nicht alle Menschen mögen, aber verurteilen sollte man sie auch nicht. Als ich das wirklich begriffen hatte bekam ich auch mein Drogen Problem, und somit mein Leben, langsam in den Griff. Das schlimmste an diesem Prozess war, mich nüchtern mit mir selbst auseinander zu setzen. Ich hatte über Jahre hinweg alles dafür getan mir selbst nicht zu nah zu kommen. Ich hatte, auf eine Art, Angst zu erkennen wer ich bin und mich mit meiner Vergangenheit, und somit mir selbst, zu beschäftigen. Ich tat das dann aber ganz bewusst und es war die Hölle für mich mit mir allein zu sein, bis mir eine Sache klar wurde...Akzeptanz ist der Schlüssel zum Seelenfrieden. Ich akzeptierte meine Vergangenheit, mich selbst, meine Fehler, die Fehler meiner Eltern und die Ungerechtigkeit der Welt an sich. Ich bin mir bis heute unschlüssig ob es der ultimative, imaginäre riesen Mittelfinger ist den ich vor mir her schiebe oder ob es eine Art spirituelle Erleuchtung ist.
Wie auch immer es sein mag, für mich funktioniert die Welt so seit zehn Jahren sehr gut, und ich glaube nur darum geht es im Leben. Man muss für sich selbst einen Weg in seinen eigenen Gedanken finden um mit seiner, ganz persönlichen, Wahrnehmung der Welt klar zu kommen. Jeder Mensch für sich selbst. Jeder allein.
Es gibt da kein Richtig oder Falsch, meiner Meinung nach, weil wir alle unterschiedlich wundervoll und wahnsinnig sind. Wichtig ist für mich persönlich nur, dass andere diesen Prozess der Selbsterkenntnis für sich, auf ihre eigene Weise, klar ziehen und danach leben.
Ich ziehe meinen Hut vor dir, deinem Text, und deiner damit verbundenen Erkenntnis, man merkt dass dir dies einiges abverlangt hat.
Also lass dir gesagt sein, ohne dich zu kennen...du bis wunderbar, wundervoll, einzigartig und das ist gut so.
Aus meiner Kindheit habe ich noch Pipi Langstrumpf im Ohr die "ich mache mir die Welt, widde widde wie sie mir gefällt" gesungen hat...ich wusste damals nicht wie recht sie damit hat.
In diesem Sinne...liebt euch selbst, denn sonst könnt ihr keine Liebe geben und hört nie auf zu denken. Bitte.
Grüße mitten aus der Nacht...
Osmodia
Ich danke dir für diesen hammer tollen Kommentar.
Ich hab noch so viele Themen über die ich hier reden will, meine Liste wird immer länger und länger :D
Danke das du dir meinen Artikel so sorgfältig durchgelesen und dir so viel Zeit für eine Antwort genommen hast.
Schön das du hier bist.
Liebe Grüsse,
Rachel