Wo der Shinanogawa auf das Japanische Meer trifft - Ein Spaziergang von der Vergangenheit in die Gegenwart - Teil 2 👹🍣🎎 Faszinierendes Japan

in Deutsch Unplugged2 years ago

IMG_0745.JPG

Da wären wir wieder in Niigata, der größten Stadt an der Westküste der japanischen Hauptinsel Honshu. Der erste Teil von unserem Spaziergang in der Nähe der Mündung des Shinanogawa-Flusses) liegt nun schon einige Zeit zurück, aber ich will euch natürlich nicht vorenthalten, wie es weitergeht. Beim letzten Mal hatten wir ziemlich weit ausgeholt und in den Endzügen der Edo-Zeit angefangen, als das Tokugawa-Shogunat immer mehr unter Druck geraten ist, und schließlich den ausländischen Forderungen nachgeben und fünf Seehäfen für den internationalen Handel musste.

Zu diesen fünf Standorten zählte auch Niigata, aber aus verschiedenen Gründen dauerte es bis nach der Meiji-Restaurierung, bis schließlich im Jahre 1868 unter der nun neuen kaiserlichen Regierung auch der Hafen von Niigata für die ausländische Schifffahrt geöffnet wurde.

Der Seehandel brachte neue Impulse in die Region und um die eingehenden Waren besser kontrollieren zu können, wurde 1869 in der Nähe der Mündung des Shinanogawa-Flusses in das Japanische Meer ein Zollgebäude mit anschließendem Lager gebaut.

IMG_2609.JPG

Beim letzten Mal haben wir uns rund um das Zollgebäude ein wenig umgesehen, welches nunmehr in der Neuzeit als Museum fungiert. Vor fast 60 Jahren wurde das originale Gebäude während des Niigata Erdbebens zerstört, und konnte nicht mehr als Zollhaus genutzt werden. Die eigentlichen Hafentätigkeiten hatten sich bis zu diesem Zeitpunkt aber schon größtenteils verlagert, so dass das neue Zollamt an einem anderen Standpunkt neu eröffnet wurde. Das nun ehemalige historische Zollgebäude wurde im Jahre 1969, genau 100 Jahre nach seiner Einweihung, zum Nationalen Historischen Denkmal erklärt und in mehrjährigen Restaurierungsarbeiten wurde dem Gebäude sein Aussehen aus der frühen Meiji-Zeit zurückgegeben.

Mit seinen strahlenden Wänden ist es auch heute noch ein Hingucker und erinnert an die Beginn der internationaler Verbindungen und Beziehungen der Niigata-Region mit dem Rest der Welt.

Das Rad der Zeit hat sich also auch in Niigata weitergedreht, und was einst neu und modern war ist heute alt, und mit etwas Glück wenigstens auch historisch. Der Seehafen von Niigata ist heute etwas außerhalb der Stadt, aber auch in der heutigen Zeit legen hier in der Mündung des Shinanogawa noch große Schiffe an. Meistens handelt es sich um große Fähren, die von hier zur Insel Sado und sogar bis nach Hokkaido fahren.

IMG_2618.JPG

Unseren Besuch hatten wir gut abgepasst, denn gerade als wir Richtung Fluss gelaufen sind, hatte auf der anderen Seit die Fähre Richtung Sado abgelegt. Direkt vor unseren Augen hat die Fähre dann gewendet, um schließlich ein paar hundert Meter weiter die hohe See zu erreichen.

IMG_2620.JPG

An diesem Tag hatten wir wunderbares Wetter und nicht nur wir beobachteten das kleine Schauspiel direkt vor unseren Augen. Die Uferpromenade lädt auf beiden Seiten zum Spazierengehen ein und an diesem Sonntag waren eine Menge Menschen auf den Beinen, um noch einmal den wärmenden Sonnenschein zu genießen.

IMG_2622.JPG

Langsam drehte sich die Fähre Richtung Meer und ein wenig haben wir schon die Passagiere beneidet, die jetzt eine rund zweieinhalbstündige Fährfahrt nach Sado antreten würden. Die Insel Sado liegt direkt gegenüber der Stadt Niigata und für den normalen Japantouristen wohl etwas Abseits der normalen Reiseroute.

111.png

Trotzdem kann ich einen Abstecher nach Sado sehr empfehlen, denn die Insel beeindruckt insbesondere mit herrlicher und fast unverfälschter Natur. Aber auch kulturell hat Sado etwas zu bieten, galt die Insel doch über Jahrhunderte als Verbannungsort für in Ungnade gefallene Beamte und Höflinge aus Kyoto. Zu den prominentesten Verbannten gehörten der frühere Kaiser Juntoku, und auch einige berühmte Priester wie Zeami, einem der Begründer des heutigen Nō-Theaters. Deren Anwesenheit führte dazu, dass die Menschen in ihrem Gefolge natürlich auch einige der kulturellen Errungenschaften der damaligen Zeit mit auf die Insel gebracht hatten und diese dort verbreiteten.

112.png

Während wir noch am Ufer des Shinano-Fluss standen, konnten die Passagiere auf der Fähre hingegen, diesen Blick genießen. Die Stadt im Hintergrund wird immer kleiner, bis sie irgendwann fast verschwunden sein wird. Und einen ähnlichen Blick hat man auch von den reinkommenden Schiffen und Booten, welche Niigata als ihr Ziel ansteuern tun.

IMG_2629.JPG

So wie die Yahiko Maru 弥彦丸、welche an diesem Tag hier vor Anker lag. Da Japan als Inselreich von allen Seiten vom Wasser umgeben ist, liegt es nur Nahe, dass die Menschen schon seit Ewigkeiten versuchen, ihre Nahrung auch aus dem Meer zu holen. Die japanische Fischereiindustrie ist heute in der ganzen Welt unterwegs und leistet ihren Beitrag zu den überfischten Gewässern rund um unseren Planeten.

Die meisten Schiffe hier in Niigata werden aber ihr Fischereirevier im Japanischen Meer haben, und versuchen, dort den Fang ihres Lebens zu machen.

IMG_2635.JPG

Als vor rund 150 Jahren das alte Zollhaus eröffnet wurde, waren die meisten Schiffe und Boote hier noch mit Segeln bestückt, aber die Dampfkraft hat dann auch hier in Japan schnell Einzug gehalten und geholfen, die japanische Industrie und Wirtschaft zu revolutionieren, stimulieren und nach vorne zu bringen.

IMG_2631.JPG

Gegenüber auf der anderen Seite sehen wir eins der größten Hochhäuser in Niigata. In diesem Gebäude befindet sich neben dem Hotel Nikko auch ein Museum und ein Kongresscenter. Auf der einen Seite des Flusses wandert man in Ruhe durch die Stadtgeschichte, während auf der anderen Seite Gegenwart und Zukunft geschrieben wird. Geschichte und Moderne sind oft gar nicht so weit voneinander entfernt, auch wenn man die Vergangenheit nicht immer gleich entdecken kann.

Gerade hier in Asien wird oft versucht, Vergangenes ruhen zu lassen und sich mit voller Kraft dem zu widmen, was vor einem liegt. Dabei gehen leider immer wieder wichtige Berührungspunkte verloren oder werden teilweise auch absichtlich zerstört. Zurückblicken scheint nicht immer gewollt zu sein, was vielleicht auch damit zu tun haben könnte, dass man an die eigene Vergangenheit nicht immer erinnert werden will. So kann man Vergangenheitsbewältigung natürlich auch leben, aber ich bin dann immer wieder froh, wenn ich hier und dort und immer wieder dann doch die verschiedensten Spuren einer meist abwechslungsreichen und turbulenten Geschichte entdecken kann. Mal mehr und mal weniger aufregend, aber dafür an vielen Stellen doch ziemlich echt und unverfälscht.

Aber ich schweife mal wieder ab und denke, dass wir an dieser Stelle eine kleine Pause einlegen sollten. Der abschließende Teil unserer kleine Runde wird diesmal nicht so lange auf sich warten lassen, also schaut bitte mal mal wieder hier vorbei.

またね matane

IMG_3106.JPG

Coin Marketplace

STEEM 0.25
TRX 0.11
JST 0.033
BTC 63282.43
ETH 3083.92
USDT 1.00
SBD 3.85