Und wer schützt den Schülerlotsen? 👹🍣🎎 Mein Japan

in #japan5 days ago

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Das Los war wieder einmal auf mich gefallen und deshalb durfte ich an jenem Mittwoch etwas früher aufstehen als sonst. Eine ganz besondere Aufgabe stand an, zu welcher ich bereits schon einmal im letzten Herbst eingeteilt worden war. Auch dieses Mal durfte ich mich wieder am Morgen an die große und gut befahrene Kreuzung in unserer Nachbarschaft stellen und dafür sorgen, dass die paar Schulkinder, die hier auf ihrem Weg zur Grundschule die Ampel überqueren wollen, auch sicher auf die andere Seite der Straße gelangen. Ob ich dafür nun wirklich nötig war, ist eine ganz andere Sache, aber aus dem genannten Grund begab ich mich also zu der mir zugeordneten Ampel, wie beim letzte Mal ausgerüstet mit einer kleinen gelben Fahne, mit der ich dem abbiegenden Verkehr signalisieren würde, doch bitte noch einen Augenblick zu warten.

Keine schwere Aufgabe, und eigentlich hatte ich auch ganz gute Laune, als ich das Haus verließ und mich zur Ort des Geschehens begeben wollte. Und ich hatte bereits Glück, dort überhaupt angekommen zu sein. Auf dem Weg dorthin wäre ich nämlich fast vom Fahrer eines schwarzen Mercedes-Geländeswagens überrollt worden, welcher ohne an der Haltelinie auch nur für den Bruchteil eines Augenblickes so zu tun, als würde er dort anhalten wollen, mit vollem Schwung in unserer kleine Straße eingebogen ist, aus der ich gerade herauskam. Es gab keinen Bürgersteig und wäre ich nur ein wenig weiter in der Mitte gelaufen, wäre mein Tag bereits hier zu Ende gewesen. Aber so rauschte das Geschoss knapp an mir vorbei, dem ich nur noch ungläubig hinterher schauen konnte. Die erwähnte Haltelinie wird gerne und oft ignoriert, aber mit so viel Elan hatte ich noch keinen um diese Kurve kommen sehen.

Diese erste Überraschung versuchte ich schnell zu vergessen und stellte mich dann brav an meine Ampel und wartete auf Kundschaft. Viel zu tun war in den zwanzig Minuten, für die ich eingeteilt war, nicht aber ab und zu durfte ich doch für ein paar Grundschüler den Übergang flankieren und sie dabei die ersten Schritte über die Straße geleiten.

Ein wenig Spaß machte das eigentlich schon, und ich fragte mich die ganze Zeit, was wohl die anderen Verkehrsteilnehmer um mich herum dachten, als sie mich hier an diesem Morgen an genau dieser japanischen Ampel stehen sahen. Nicht mal hier ist man mehr unter sich, über all müssen sich diese verdammten Ausländer einmischen.

Wahrscheinlich waren das auch die Gedanken des Autofahrers, der, als ich gerade mit meiner kleinen Fahne der Weg für ein paar Grundschüler freihielt, entschieden hatte, mich zu übersehen und einfach abzubiegen. Genau in dem Augenblick, als ich mich umdrehte und zurück zu meiner Seite gehen wollte, rauschte er vor mir vorbei und auch diesmal war es nur um Haaresbreite, dass ich dem Schicksal entkommen bin. Nur zur Veranschaulichung, ich war nur ein paar Meter auf die Straße gelaufen und befand mich immer noch auf der ersten Fahrspur, und zusätzlich hielt ich tapfer meine kleine gelbe Fahne in der Hand. Aber wo ein Wille, da ein Weg - genau das muss der Fahrer wohl gedacht haben, und letztendlich wurde er darin ja auch bestätigt. Zuerst wollte ich ihm noch meine Fahne aufs Dach hauen, aber besseren Wissens unterließ ich diesen Akt des Vandalismusses. Recht haben und Recht bekommen ist auch in Japan nicht in Stein gemeisselt und ich hatte an diesem Morgen auch noch wichtigeres zu tun, als mich für mein impulsives Handels zu rechtfertigen, so gerechtfertig es ja doch auch wäre.

Der Rest meines Auftritts verlief ohne weitere Zwischenfälle, und ich schaffte es dann doch, ohne angefahren zu werden, wieder zurück nach Hause. Natürlich hatte ich nun ein Thema für den Rest des Tages, und da man bei allem auch immer etwas lernen soll, habe ich als Lektion mitgenommen, selber vorsichtiger und umsichtiger im Straßenverkehr zu agieren. Sei es als Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger, es ist nur ein schmaler Grat hin zur Katatrophe, und diese gilt auch künftig zu vermeiden.

Ein paar positive Dinge konnte ich von meiner Performance als Schülerlotse dann ja auch mitbringen. Es gab ehrliches Lächeln und Grüßen in meine Richtung, welches ich nur zu gerne erwiderte und welches mir zeigte, dass diese Welt dann doch noch nicht verloren ist. Und genau dieses Gefühl habe ich dann mit mir genommen, und daraus für den Rest des Tages positive Energie gezogen. Und dabei natürlich auch an meinen Schutzengel gedacht und ihm gedankt. Bleib bitte bei mir!

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Holla. Da wäre nicht nur Dein Tag zu Ende gewesen...

Ich muß das fragen: Du machst den Schülerlotsen an einer AMPEL? Funktioniert das da anders als bei uns? Die halten nicht automatisch an bei rot...?

Doch die halten natürlich auch bei Rot, aber zusätzlich dürfen wir Eltern ab und zu auch dort stehen und das alles doppelt absichern. Ob das nun sinnvoll ist, ist eine ganz andere Sache, aber dem können wir uns leider nicht entziehen. Zumindest besteht für mich dort ein erhöhtes Risiko!

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CONGRATULATIONS!!
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