Yoga ist Einheit

in #deutsch4 years ago (edited)


„Du bist viel zu nachsichtig gegenüber dem Umherschweifen von Gedanken und entschuldigst stillschweigend die Fehlschöpfungen deines Geistes."

EIN KURS IN WUNDERN

Vor Kurzem habe ich bei einem Abendessen mit Freunden erfahren, dass Yoga nicht gleich Yoga ist. Seit vier Jahren praktiziere ich Bikram Yoga: 90 Minuten, 40 Grad und 26 Asanas aus dem Hatha Yoga in einer festgelegten Abfolge. Diese Art von Yoga wurde von Bikram Choudhury im Westen bekannt gemacht.

Seit einiger Zeit spaltet Bikram die Yoga-Welt. Einerseits denken viele Yogis, die Bikram Yoga einmal oder vielleicht sogar keinmal miterlebt haben, dass die Art, wie Bikram Yoga unterrichtet wird, ungesund, unnötig harsch und einfach schlecht für uns ist. Das kann ich — nach vier Jahren, mit durchschnittlich drei Mal wöchentlichem Yoga-Pensum — nicht bestätigen.

Zweitens — und ich glaube, das ist der Knackpunkt für die Bikram Yoga-Abneigung vieler — ist es so, dass Choudhury als Person Dinge vorgeworfen werden, die ein Gericht klären sollte und nicht wir mit unserem Halbwissen — auch wenn wir Yogis sind. Obwohl ich denke, insbesondere, weil wir Yogis sind. Und ich glaube, dort lag meine Herausforderung. Aber mehr dazu später.

Die Person und ihr Werk

Manchmal fällt es uns schwer, zwischen der Person, ihrer Taten und ihrem Werk zu unterscheiden. Keine Frage: Wir alle tragen Verantwortung für das, was wir denken, fühlen und wie wir darauf basierend handeln. Wenn unsere Taten einem anderen Menschen im höchsten Maße schaden, dann sollten wir vor Gericht dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Dennoch wünsche ich mir so sehr, dass wir das Werk eines Menschen nicht gleich abwerten, weil diese Person in einem anderen Zusammenhang etwas Unrechtes getan hat.

Beispielsweise gibt es für mich keinen plausiblen Grund dafür, das Yogastudio, in dem ich Bikram Yoga seit vier Jahren praktiziere — mein Yoga-Zuhause und der Ort, wo ich unzählige Male tiefsten Frieden und Liebe erfahren durfte — abzustrafen, weil der Erfinder dieser Yoga-Richtung als Mensch einen fragwürdigen Eindruck macht.

Die Menschen, die dieses Yogastudio führen, machen diese Arbeit seit knapp sechzehn Jahren mit so viel Herzblut und Liebe. Meine Yogalehrer sind vielleicht auch mal streng und dann wieder voller Güte und Wohlwollen. Ich habe mich — dadurch, dass ich dieses Yoga für mich entdeckt habe — zu einem so viel besseren Menschen entwickelt. Da ist so viel Wertschätzung in mir für diesen Ort und diese sechsundzwanzig sorgfältig aufeinander abgestimmten Asanas. An diesen Tatsachen ändert sich nichts für mich — auch wenn eine Netflix-Doku vermittelt, dass Bikram diese Abfolge nicht einmal selbst erfunden haben soll. Dennoch war er es, der diese Asana-Abfolge im Westen bekannt gemacht hat. Ob das ohne ihn je passiert wäre, bleibt somit fraglich. 

Yoga ist lieben was ist und was nicht ist

An jenem Abend zu Hause auf meiner Couch angekommen, habe ich mich hingesetzt, um mich zu hinterfragen, was mich an dieser Episode wirklich gestört hat. Da war es wieder — das Ego, welches urteilt und dadurch Trennung erzeugt  — mein Ego und auch das Ego der anderen Person. 

Ja, auch ich bin entsetzt über die Vorwürfe, die gegen Bikram erhoben worden sind. Dennoch denke ich dann auch, dass Yoga Einheit heißt. Mir ist dann aufgefallen, dass ich diesen hohen Anspruch an uns Yogis habe. Ich habe Yogis den Stempel aufgedrückt, differenzierter wahrnehmen zu können, eine Metaebene aufzusuchen, bewusster zu sein, Unterscheidungen zu machen, die anderen Menschen vielleicht schwerer fallen, damit wir das, was Yoga ja heißt, Einheit, auch wirklich leben.

Mein Ego wollte einfach nicht, dass es ein gutes und ein schlechtes Yoga gibt, sondern dass wir Yogis Einheit vorleben. Und dann sagt Byron Katie immer so schön: Kann ich mir absolut sicher sein, dass das die Wahrheit ist? Nein, das kann ich nicht. Nichts passiert vor seiner Zeit und ich bin nicht zuständig dafür, wie andere Menschen, denken, fühlen und urteilen. Wenn ich also denke, dass Menschen anders sein sollen, als sie es zu einem bestimmten Zeitpunkt sind, liebe ich nicht was ist. Und das tut in aller erster Linie immer nur mir weh.

Das Ego macht auch vor Yogis nicht halt

Und dann war diese Episode wieder ein guter Reminder, wie super schlau unser Ego ist. Die einzige Frage, die ich mir in diesem Zusammenhang beantworten sollte ist: Will ich recht haben oder glücklich sein? Wenn ich Einheit anstelle von Trennung will, dann ist es meine Aufgabe, mit guten Beispiel voranzugehen, so gut ich kann, und nicht die Aufgabe der anderen Person.

Wenn wir nicht jeden Tag aufs Neue versuchen zu verstehen, welche Dynamiken das Ego nutzt, um sich besser als andere zu fühlen, nutzen wir auch die schönsten Dinge der Welt, um wieder einen Keil zwischen uns und andere zu treiben. Das ist ein menschlicher (Ego) Automatismus, dem wir etwas entgegensetzen können. Zumindest möchte ich meinem Ego etwas entgegensetzen. Denn nicht meine Worte zeigen, für was ich stehe, sondern meine Einstellung, meine Fähigkeit, gütig und liebevoll zu sein, egal, was sich mir gerade zeigt, meine Energie und meine daraus resultierenden Handlungen.



Posted from my blog with SteemPress : https://happycoollove.de/yoga-ist-einheit/

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