Spontanvegetation
~ Von der Stärke eines Gänseblümchens ~
Vor einer Woche gehe ich eine Straße in der Nachbarschaft
entlang und nahm einen merkwürdigen Geruch wahr.
Ein unangenehmer Duft aus Gas und Verbranntem wehte
einem aufdringlich entgegen.
Ein Mann mit einem Abflammgerät rückte unerbittlich
und ohne Gnade, dem Unkraut in seiner Garageneinfahrt
zu Leibe.
Mit strategischer Präzision wurde jeder grüne Halm
dem Erdboden gleich gemacht.
Kein störendes Grün sollte mehr auf dem Einheitsgrau
seiner Betonplatten, wagen zu blühen.
Das Gesicht des Mannes drückte höchste Konzentration
und Entschlossenheit aus.
Diese Begebenheit machte mich doch sehr nachdenklich.
Von einem Bekannten hörte ich Berichte aus seiner
Kleingartensiedlung.
In den Gärten ist oft eine große Pflanzenvielfalt zu
entdecken. Die Gartenfreunde bebauen ihre Parzelle
mit erstaunlich großer Hingabe.
Das Gartenglück wird jedoch durch ein paar
festgelegte Regeln in bestimmte Bahnen geleitet.
So darf auf den Wegen keine Spontanvegetation,
vorhanden sein.
Der Weg muss sauber und frei von Unkräutern
sein.
Er sagte, dass dies ein Sperrgebiet für nicht
genehmigtes Grün ist.
Auf den Pfaden darf sich kein Wildwuchs bilden.
Die sogenannten Beikräuter dürfen, unter
Androhung höchster Strafen, sich nicht
erdreisten, die Gasse zwischen den Gärten
mit ihrem Grün zu beehren.
Meine Nachdenklichkeit nahm natürlich nicht
ab, als ich diese Erzählung hörte.
Wenn ich über manche städtische Plätze gehe,
auf denen nur
Beton,
versiegelte Flächen
Platten,
Einheitsgrau,
zu sehen ist, frage ich mich, ob sich die Leute
auf diesem Platz überhaupt erholen können.
Manche Spielplätze sehen leider auch völlig
anonym aus.
Können die Kinder wirklich auf diesen gräulichen,
plattenbesetzten Plätzen spielen?
Manchmal kommt man sich vor, als würde man
einen lieblichen Ausflug nach Mordor machen.
Umgeben von
einer öden Landschaft,
einer ungastlichen Fläche,
Lavaflüssen und
Wüste.
Tote Bäume,
Dornensträucher,
verdorrtes Moos,
Morgulpilze sind die einzigen Pflanzen, welche noch
in der Landschaft zu finden sind.
Frodo wird es ähnlich ergangen sein.
Wenn man jedoch aufmerksam die Straße entlangwandelt,
erblickt man einige Pflanzen,
die sich erfolgreich aller Flächenversiegelung
entgegensetzen.
Diese wehrhaften Kräuter haben sich ihren eigenen
kleinen Lebensraum in
Spalten,
Lücken,
Betonaufrissen,
Nischen,
Abbrüchen,
Hohlräumen,
Kuhlen,
Löchern,
Zwischenräumen,
geschaffen.
Diese Pflanzen lassen sich nicht durch ihre Umgebung
davon abhalten,
sich zu entfalten,
ihre Blüten zu zeigen,
ihr Grün kraftvoll zur Schau zu stellen,
ihren Drang nach Wachstum herzuzeigen, …
Dieses Streben nach Entfaltung ist ein schönes Beispiel,
von dem man sehr viel lernen kann.
Für mich sind diese Spontangewächse, wie man in der
Gärtnersprache sagt, ein schönes Sinnbild für
Zielstrebigkeit.
Sie bestehen in einer nicht gerade optimalen Umgebung
und wehren sich gegen alle Widerstände und
Widrigkeiten.
Sie sehen das Leben als farbige Chance.
Durch ihr Grün setzen sie einen Kontrapunkt zu allem
Einheitsgrau.
Die Kräuter haben den Mut ein Farbtupfer zu sein.
Von daher ist das Gänseblümchen, welches aus der
Treppenspalte blüht, für mich der wahre Lebenskünstler.
Es zählt hier nicht die augenscheinliche Schwäche
eines zarten Blümchens,
sondern die innere Stärke.
Das nächste Mal werde ich wieder ganz
respektvoll auf das kleine Gänseblümchen blicken,
wenn ich zur nächsten S-Bahn laufe.
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Begegnen Euch auch gelegentlich erstaunliche Pflanzen,
die sich gegen den Beton behaupten?
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(Die Bilder habe ich selbst aufgenommen.
In Mordor konnte ich leider noch keine Bilder machen.)
Ein wunderbarer Beitrag, den ich gern gelesen habe. "Wildes" Leben wird in unserer Gesellschaft an vielerlei Orten unterdrückt, nicht ganz so heftig wie beim "Unkraut", dennoch mit Folgen. Viele Kinder verbringen bereits vor der Schulzeit fast den ganzen Tag drinnen (Kita) und genießen die Natur nur auf konzipierten Spielplätzen...
Dein Gänseblümchen ist Pippi Langstrumpf ;-) Dankeschön und resteem!
Vielen Dank für Deine freundliche Anmerkung.
Es ändert sich leider sehr viel.
Vielleicht kann man Kinder und Erwachsene wieder
dafür sensibilisieren, sich ein wenig mit der Natur
zu befassen.
Zum Beispiel fand ich Ferien auf dem Bauernhof,
ein schönes Erlebnis.
Man lernte Dinge und Tiere kennen, die man
sonst nicht erlebt.
Vielen Dank und viele Grüße.
Das 5. Bild mit der Treppe spricht mich besonders an, erinnert mich an unser altes Zuhaus. Finde es immer wieder interessant, was manche so fotografieren - an solchen Pflänzchen läuft man sonst meist unbemerkt vorbei.
Das ist einer der Beiträge die bei mir im Hinterkopf bleiben, beim nächsten Gänseblümchen fällt er mir bestimmt wieder ein.
Danke für Deinen netten Kommentar.
Viele Grüße.
schon interessant wo Pflanzen überall wachsen. ich find es auch immer lustig wenn auf Häusern anfangen Bäume zu wachsen. Da gab es mal ne Coole Doku auf N24 glaub ich. Wenn die Menschheit nicht mehr wäre, was würde in wieviel Jahren passieren. Man glaubt gar nicht wie schnell wieder alles grün ist.
Das stimmt. Ich war mal in Völklingen in dem stillgelegten Stahlwerk - da haben sie viele Ecken auch der Natur überlassen, was richtig schön war.
Diese alten Industrieruinen finde ich auch sehr interessant.
Die Natur hat sich dort viele Bereiche wieder zurückerobert.
Für Deinen Beitrag bedanke ich mich sehr.
Viele Grüße.
Die Pflanzen sind wirklich wahre Überlebenskünstler.
Auf einer Wanderung sah ich auch Bäume aus Felsspalten
wachsen. Das ist schon sehr faszinierend.
Vielen Dank für Deinen Kommentar.
Alles Gute und viele Grüße.
Pflanzen wachsen wo und wie sie wollen. Sie sind sozusagen Vorbilder für mein Leben.
Danke für deinen Beitrag.
Danke für Deine Rückmeldung.
Alles Gute und viele Grüße.
Danke für Deinen Beitrag. Lässt sich gut in die Frage übertragen: "Was kümmert Dich , was die Menschen in Deinem Umfeld über Dich reden ?"
Du hast offensichtlich einen Blick für solch scheinbar nebensächliche Kleinigkeiten und das ist sehr wertvoll, vor allem, wenn Du dich daran erfreuen kannst. :-)
Danke für Deine Ermutigung.
Diese Kleinigkeiten machen das Leben aus,
wenn man sie beachtet.
Viele Grüße.
Love this series of plants finding their own homes in the wilderness of the urban jungle. Beautifully captured.
You would love my garden. Onion weed and the odd thistle, dandelions and chickweed grow in the vegie and flower gardens and wherever they please. ♥︎♥︎⚖️♥︎♥︎
If the plants are allowed to grow where they want, that's very nice.
Especially in the city, plants often do not have these possibilities.
Some cities have urban gardening.
Here, citizens plant many plants on small areas.
Thank you for your feedback.
Ich hatte solch ein Erlebnis im Sommer bei uns in der Einfahrt: da hatte sich Rucola selber einen Platz gesucht. Und das in diesem Sommer, wochenlang kein Regen - schien aber nicht groß gestört zu haben :)
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Die Pflanzen sind oft sehr robust.
Gerade für die Stadt finde ich das ganz originell.
Danke für Deinen Kommentar.
Viele Grüße.
Oja, Pflanzen lassen sich von nichts und niemanden aufhalten - danke für deinen Beitrag!
Danke für Deinen netten Kommentar.
Ich staune auch immer wieder, wo die Pflanzen
überall wachsen können.
Viele Grüße.
Wunderschön geschrieben und tolles Thema! :-)
Danke für Deine nette Rückmeldung.
Ich finde Deine Artikel sind auch sehr gut.
Viele Grüße.
Wieder sehr schön geschrieben, es macht Spaß deine Beiträge zu lesen.
Danke für Dein Feedback.
In Deinen Blog hast Du auch sehr schöne Bilder und
interessante Berichte eingestellt.
Vielen Dank und viele Grüße.
Vielen Dank :)