"Ich bin Diaspra"//(57) Kapitel 7: Teil 4

in #deutsch5 years ago

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...

Ohne Spiegel fiel es mir schwer, es beurteilen zu können. Die Schuhe waren allerdings äußerst bequem und ich konnte mir vorstellen, dass sie mir auf Maelenar gute Dienste erweisen würden.
Einzig mit der grauen Stoffkappe konnte ich wenig anfangen. Sie erinnerte mich ein wenig an die Feldmützen, die auf der Erde gern vom Militär oder der Marine genutzt wurden.

Ich band meine Haare zu einem strengen Zopf und probierte, die Kappe aufzusetzen. Ob richtig oder falsch herum wusste ich nicht, es gab keinen Hinweis darauf, wie man dieses Teil ordnungsgemäß platzieren musste. Kurz darauf war ich umgezogen und folgte Balthazareon nach draußen.
Dieser betrachtete mich mit einem schrägen Grinsen. „Der Hut sitzt falsch, aber ansonsten gehst du glatt als Techniker durch. Willkommen im Team.“

Für einen Moment lachte er breit und zwinkerte belustigt. „Vergiss nicht, ich bin der Captain.“ Ich schnaubte. Das könnte ihm so passen!
Vorerst musste ich mich wohl an seine Vorgaben halten, doch sobald ich eine bessere Idee hätte oder mir etwas nicht gefiel, würde sich das ganz schnell ändern!

Wir setzten unseren Weg durch die Korridore der Pentay fort. Unsere Schritte hallten laut von den Wänden und wieder war kaum ein anderer Xeadnar zu sehen. Es schien, als wären wir mutterseelenallein auf diesem Schiff. Die Besatzung konnte nicht sonderlich groß sein...
Dies würde auch den jämmerlichen Zustand des einst stolzen Kreuzers erklären. Vielleicht würde ich Balthazareon später einmal danach fragen, aktuell jedoch waren andere Dinge wichtig.

Sollte er Recht behalten, dann stünden wir in Kürze unter Umständen sehr unangenehmen Zeitgenossen gegenüber und mussten uns irgendwie bis zu Ates Loqa vorankämpfen. Ich hoffte inständig, dass „vorankämpfen“ hierbei lediglich eine Metapher darstellte und wir nicht tatsächlich in handfeste Auseinandersetzungen gerieten.
Zwar hatte ich Balthazareon bereits auf der Brücke der Immortal kämpfen sehen und konnte mir durchaus vorstellen dass er wusste, was er tat, doch darauf anlegen wollte ich es nicht.

Wir erreichten eine große Doppeltür die Balthazareon wie bereits zuvor öffnete und mich als erstes hindurch treten ließ. Ich setzte einen Fuß in die gigantisch große, vor uns liegende Halle.
Zuerst war alles stockdunkel, doch kaum hatte ich einen Schritt getan, sprangen hoch über uns grelle, gleißende Lichter an und blendeten mich für einige Momente. Erst langsam konnte ich Einzelheiten der Umgebung erkennen und rieb mir ungläubig die Augen.

Einen Raum wie diesen hatte ich noch niemals zuvor gesehen. Ich fühlte mich wie eine Ameise und ließ meinen Blick ehrfürchtig umherschweifen. Die Deckenhöhe maß mindestens 20 Meter, vielleicht sogar mehr.
Der Boden war zwar ähnlich alt und marode wie im Rest des Schiffs, doch zwischen uns und der gegenüberliegenden Wand befand sich eine Fläche von der Größe eines Fußballfeldes.
Ein schmaler Gang führt direkt zur anderen Seite der Halle. Links und rechts standen unzählige Raumschiffe.

Jedenfalls hielt ich die teils seltsamen Vehikel für eine Art kleine Raumschiffe. Möglicherweise Shuttles oder so etwas in der Art. Zwischen ihnen war an vielen Stellen kaum Platz um hindurchzugehen und nahezu jeder Quadratmeter wurde benötigt. Balthazareon breitete die Arme aus und drehte sich um sich selbst.
Dann verkündete er nicht ohne Stolz: „Mein kleiner Fuhrpark.“ Eine Untertreibung schlechthin!

„All das sind Xeadnar-Jäger.“ Fuhr er fort und deutete auf einige der Schiffe. „Leider befinden auch sie sich in einem eher schlechten Zustand und wurden seit vielen Jahren nicht mehr bewegt oder gar eingesetzt. Früher aber fürchtete man sie in der gesamten Galaxis!
Xeadnar-Jäger fliegen mit Ionit-Zellen und verwenden einen speziellen Antrieb, der beim Beschleunigen einen tiefen, brummenden, bedrohlichen Ton von sich gibt. Man hört sie schon von weitem und sollte diese Warnung besser ernst nehmen und schleunigst Land gewinnen.“

Auf mich wirkten die teilweise rostigen Shuttles gar nicht so gefährlich und ich hielt Balthazareons Ausführungen ein Stück weit für Übertreibung. Zwar entgangen auch mir die Laserkanonen an der Unter- und Oberseite nicht, doch trotz allem blieben es äußerst kleine Schiffe, kaum größer als ein PKW, einige besaßen vielleicht die Maße eines Van.
Wie sollten diese in einem Raumkampf bestehen?

Balthazareon bemerkte meine Skepsis und bediente sich ein weiteres Mal an meinen Gedanken. „Unterschätze sie nicht, Jäger sind zwar klein, dafür aber äußerst wendig. Keine andere Schiffsklasse lässt sich so punktgenau und einfach manövrieren. Ein einziger Jäger könnte ausreichen, um die Immortal kampf- sowie bewegungsunfähig zu machen.“

Vorsichtig näherte ich mich einem der Shuttle und berührte es leicht, fast schon ein bisschen ängstlich. Meine Finger streiften die raue Außenhaut und an einigen Stellen spürte ich den Zahn der Zeit deutlich.
Früher hatten sie möglicherweise einmal eine grünliche oder braune Färbung, heute sah man davon nur noch wenig. Sie wirkten dreckig und grau, teilweise von einer Art Patina überzogen. Ob sie noch fliegen konnten?
Ich war mir nicht sicher, ob ich es herausfinden wollte...

„Eines Tages werden sie in neuem Glanze erstrahlen und wieder im Dienste der Xeadnar fliegen.“ Meinte Balthazareon leicht melancholisch und ich hielt ihn für ein wenig zu optimistisch.
Wahrscheinlich wäre es einfacher, die Dinger zu verschrotten und neu zu bauen. Doch ich verkniff mir eine bissige Bemerkung. Offenbar ging ihm das Schicksal der Jäger doch erstaunlich nah.

Wir hielten uns eine ganze Weile im Hangar auf und standen still nebeneinander. Ich war noch immer von den Dimensionen überwältigt, Balthazareon hatte die Augen geschlossen und hing seinen eigenen Gedanken nach. Zu gerne hätte ich gewusst woran er dachte, doch mein Versuch, irgendwelche Informationen abzufangen, schlug fehl.
Es gehörte wohl etwas mehr als der bloße Wille zur Telepathie. Ich kam mir vor wie ein dummes Schulkind. Was erwartete ich? Dass ich spontan zum Super-Telepathen wurde nur weil wir im Caenyus-System waren? Wohl kaum.

Zudem hatte Baltharareon gesagt, dass es diese Fähigkeit nur unter den Xeadnar gab und auch dort nur noch von einigen wenigen beherrscht wurde.
Ich als Ynaer'i sollte mir diesbezüglich lieber keine großen Hoffnungen machen. Auch wenn es beim letzten Versuch seltsamerweise ging.

„Was machst du?“ Fragte ich irgendwann. Jegliches Zeitgefühl hatte ich längst verloren. Mussten wir nicht langsam da sein? Waren wir vielleicht sogar schon gelandet?
Balthazareon antwortete mir ohne die Augen zu öffnen. „Ich suche Meister Loqa.“

...


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